Inhaltsverzeichnis:

      Vorbemerkung
      Kann man Nichtexistenz beweisen?
      Definition: Gott
      Definition Materie
      Äquivalenz von Raum und Zeit
      Kein Raum ohne Materie, keine Zeit ohne Materie
      Definition: Nichts
      Der Akt der Schöpfung
      Folgerung
      Einwände
      Nachbemerkung
         Interessante Links zum Thema
         Kommentierte Literaturhinweise

 

Vorbemerkung

Es wird behauptet, dass man »Negatives nicht beweisen kann «. Das ist esoterischer Unfug. Wenn man beweist, dass 1 + 1 = 2 ist, hat man unendlich viele Aussagen negativ bewiesen, dass beispielsweise 1 + 1 = 1 ist ebenso falsch wie jedes andere Ergebnis außer 2. Jede Behauptung lässt sich negativ formulieren, als logische Umkehrung. Wenn man 1 + 1 = 2 als gegeben nimmt, ist der Satz »Es ist nicht der Fall, dass 1 + 1 = 2 ist« widerlegt. Die Inversion »Es ist nicht der Fall, dass es nicht der Fall ist, dass 1 + 1 = 2 ist« wiederum muss wahr sein.

Das logische Gegenteil einer Feststellung kann man bilden, in dem man »Es ist nicht der Fall, dass ...« vor sie setzt. Führt man das zweimal durch, ergibt es den Ausgangssatz. Man könnte nichts beweisen, wenn das nicht funktionierte.

 

Kann man Nichtexistenz beweisen?

Ja. Man hat folgende Möglichkeiten:

  1. Man zeigt, dass Eigenschaften eines Objekts zu logischen Widersprüchen führen. Es existieren keine verheirateten Junggesellen, gleichgültig, welche Logik man verwendet oder wie man das formuliert.
  2. Modus Tollens : Man belegt, dass die zwangsläufige Folge, wenn A existiert, B ist. Kann man demonstrieren, dass B nicht der Fall ist, gibt es A nicht.
  3. Man beweist, dass eine Behauptung unwahrscheinlich ist. Das reicht aus, von der Nichtexistenz auszugehen, obwohl man es im direkten Sinne nicht bewiesen hat.

Der folgende Beweis benutzt die erste Möglichkeit. Er demonstriert, dass die Annahme eines Schöpfergottes zu einem logischen Widerspruch führt.

 

Definition: Gott

Gott ist u. a. der Schöpfer aller Materie. _1_

Das ist die grundlegende monotheistische Behauptung _2_. Laut den Theologen soll Gott die Welt »aus dem Nichts« erschaffen haben.

Es existierte vor dem Schöpfungsakt keine Materie, das ist die Voraussetzung der Aussage.

 

Definition Materie

Materie ist alles, was mit gleicher Kraft zurückschlägt, wenn man sie stößt. Materie und Energie sind, laut Relativitätstheorie, äquivalent  (gleichwertig, gleichbedeutend).

Man muss wissen, dass Materie und Energie dasselbe sind. Im Folgenden, wenn ich »Materie« sage, könnte ich stattdessen »Energie« schreiben, ohne dass es am Sinngehalt der Aussage etwas ändert.

 

Äquivalenz von Raum und Zeit

Raum und Zeit sind äquivalent  (zwei Kehrseiten derselben Medaille). In der Relativitätstheorie redet man nur von Raumzeit.

Das bedeutet: Ohne Raum gibt es keine Zeit, oder ohne Zeit gibt es keinen Raum.

 

Kein Raum ohne Materie, keine Zeit ohne Materie

Materie kann ohne Raum nicht existieren. Ihre grundlegende Eigenschaft ist, dass sie Raum benötigt. Zeit ist definiert als die Bewegung von Materie/Energie in einem Raum. Man redet aus dem Grund von einem Raum-Zeit-Kontinuum  (Relativitätstheorie). Ohne Materie gibt es keine Zeit. Ohne Zeit gibt es keine Materie. Ohne Raum gibt es weder Zeit noch Materie.

Zeit vergeht, in dem sich Materie oder Energie in einem Raum bewegt.

Man kann formulieren: Materie/Energie und Raumzeit bilden eine Einheit – das eine kann es ohne das andere nicht geben.

Nach der antiken  Vorstellung – bei Newton zu finden – existiert eine absolute Zeit und ein absoluter Raum ohne Materie oder Energie. Das ist falsch, wie man beweisen kann. Zeit ist von der Bewegung abhängig, es gibt im Universum keine Gleichzeitigkeit : Man kann von zwei Ereignissen nicht behaupten, sie fänden gleichzeitig statt. Ob Ereignis A vor, gleichzeitig, oder nach B stattfand, ist von der Position und der Geschwindigkeit abhängig, mit der sich ein Beobachter bewegt. Das ist eine der bizarren Folgerungen aus der Relativitätstheorie.

 

Definition: Nichts

Wenn man behauptet, dass Gott die Welt »aus dem Nichts« erschuf, setzt das voraus, dass vor  dem Schöpfungsakt weder Materie/Energie, noch Raum oder Zeit (Raumzeit) existierte.

Nichts ist die Abwesenheit von Raum, Zeit, Materie und Energie. _3_

Die Annahme, dass es vor  dem Schöpfungsakt etwas gab, und sei es ein absolutes Nichts _4_, führt zu einem logischen Widerspruch. Vor  setzt die Existenz von Zeit voraus.

Man kann den logischen Widerspruch nur aufheben, in dem man folgende Feststellung trifft:

Es gab keine Zeit ohne Materie. Das ist es, was ich weiter oben ausgedrückt habe. Andere, gleichbedeutende Formulierung: Es gab zu jeder Zeit Materie _5_.

 

Der Akt der Schöpfung

In der Definition von Gott steckt folgende Voraussetzung: Da Gott die Materie aus dem Nichts erschuf, muss es eine Aktion gegeben haben, vor  der es keine Materie gab. Danach  existierte Materie.

Es gab keine Zeit vor der Existenz der Materie. Das ist ein logischer Widerspruch.

Das liegt daran, dass es ohne Materie keine Zeit  geben kann.

Um eine Aktion auszuführen, oder einen Akt, benötigt man Zeit.

Weil es eine Zeit vor  der Aktion und nach  der Aktion geben muss.

Gott hatte keine Zeit, um die Zeit zu erschaffen (Draygombs Paradoxon).

Die Erschaffung der Zeit würde Zeit in Anspruch nehmen. Nicht nur das, es führt zu dem logischen Widerspruch, dass es eine »Zeit vor dem Beginn der Zeit« gegeben hat. Das ist ganz klar unsinnig.

Es nützt nichts (ein gängiger Einwand), die ad-hoc-Annahme  einer »parallelen« Zeit einzuführen. Es ist ein beliebter Trick, um Argumente für Gott vor Gegenargumenten zu retten, genau das zu postulieren, was man in dem Moment braucht. Für eine andere Zeit gilt derselbe Vorbehalt. Das bildet einen unendlichen Regress an »Zeiten«. Gott als zeitlos zu definieren nützt nichts, weil das exakt zu Draygombs Paradoxon führt.

 

Folgerung

Gott hatte keine Zeit, um die Materie zu erschaffen.

Das lässt sich äquivalent formulieren: Gott benötigte Materie, um Materie zu erschaffen. Oder er benötigte Zeit, um die Zeit zu erschaffen. Beides hatte er nicht – das folgt aus seiner Definition.

Die Erschaffung von Zeit setzt Zeit voraus, die Erschaffung von Materie setzt Materie voraus – das führt zu einem logischen Widerspruch.

Man setzt voraus, was Gott erst erschaffen müsste.

Ein Schöpfer von Zeit, Raum, Materie oder Energie existiert nicht.

Ein jüdisch-christlich-islamischer oder deistischer Schöpfergott kann unmöglich existieren, da seine Definition logisch widersprüchlich ist.

 

Einwände

Um den Beweis zu widerlegen müsste man die Falschheit der Relativitätstheorie beweisen. Wer das schafft, wir werden bei der Verleihung des Nobelpreises an ihn von ihm hören.

Es mag schwer sein, sich von antiken Konzepten über Zeit, Raum und Materie zu lösen. Wenn man Einwände aufgrund der mangelhaften, veralteten und bewiesenermaßen falschen Konzepten macht, berührt das den Beweis nicht.

Beliebige Postulate und Ad-hoc-Annahmen  helfen nicht. Man kann die zentrale Argumentation nicht umgehen.

Das Gott »der Logik nicht gehorcht« beweist nichts außer der Tatsache, dass »Gott« ein irrationales Konzept ist. Man mag gerne daran glauben, nur sollte man nicht behaupten, dass der Atheismus unlogisch sei, wenn man für seinen Gott nach eigenem Belieben die Logik über Bord wirft.

Vor allem ist es ein intellektuell höchst unredlicher Trick, wenn man einerseits festlegt, dass es keinen Beweis gegen Gott geben kann, andererseits behauptet, es sei »unlogisch«, ohne Beweis gegen Gott ein Atheist zu sein _6_.

Das wird schlimmer, wenn man fordert, Atheisten mögen die Nichtexistenz Gottes beweisen. Wenn man den Beweis vorlegt, reagiert, indem man die Finger in die Ohren steckt und laut singt »Lalalala, ich kann Dich nicht hören«. Das ist die Äquivalenz zu »Gott gehorcht der Logik nicht«. Es besagt nichts anderes als: »Gleichgültig, was Du sagst, ich werden Deine Beweise nicht anerkennen. Warum? Darum!«

 

Nachbemerkung

Das ist eine ausgearbeitete Version des Arguments, dass ich hier veröffentlicht habe: →Ein Argument gegen Gott

Das Hübsche an dem Beweis gegen Gott ist, dass es die Basis-Definition nimmt, die ein Monotheist nicht bestreiten kann. Hier funktioniert das übliche Spiel mit »mein Gott ist anders« nicht.

Man könnte einwenden, dass aufgrund des Beweise keine Materie existieren kann, da es sie gibt, muss da etwas falsch sein. Ich behaupte, dass Materie ewig existiert in dem Sinne, dass es keine Zeit gab, zu der keine Materie existierte. Die kann ohne Ursache entstehen, nur nicht in einem Schöpfungsakt. Wenn sie entstanden ist, dann ohne Ursprung. Was wiederum nichts anderes bedeutet als dass kein Schöpfergott der Ursprung der Materie sein kann.

Eine ewig existierende Materie ist gleichbedeutend damit, dass es keinen Schöpfergott geben kann.

Es spielt für das Argument keine Rolle, ob man annimmt, dass die Zeit mit dem Universum entstanden ist, oder dass es ein Multiversum gibt oder nicht, oder dass es anfänglich nur Energie gab oder nicht, ob die Quanten-Schleifen-Gravitationsenergie korrekt ist oder falsch.

Lesen Sie weiter: Einwände gegen: Atheologisches Argument gegen Gott

»Es gibt keinen Gott, und ich bin sein Prophet!«
Volker Dittmar


 

Interessante Links zum Thema

Es gibt ein ähnliches Argument hier: →23 Arguments Against The Existence Of God. Es geht so:

Anti-Schöpfungs-Argument:

(a) Wenn X Y erschafft, dann muss X zeitlich vor  Y existieren.
(b) Aber nichts kann zeitlich vor  der Zeit selbst existieren. Denn das würde bedeuten, das etwas zu einer Zeit existierte, als es keine Zeit gab – ein logischer Widerspruch.

(c) Daher ist es unmöglich, dass die Zeit erschaffen wurde.

(d) Zeit ist eine essenzielle Eigenschaft des Universums.

(e) Daher ist es unmöglich, dass das Universum erschaffen wurde.

(f) Daraus folgt, dass ein Gott, der das Universum erschaffen hat, nicht existieren kann.

Das Argument spezifiziert nicht, wieso Zeit für das Universum unverzichtbar ist. Das führt mein Argument präziser aus.

Hier ist genauer ausgeführt, warum man die Nichtexistenz Gottes beweisen kann:

Who Says You Can't Disprove God?

Hier werden ein paar weitere Argumente für die Nichtexistenz Gottes gennant:

Die Gottes-Antinomien 

Kommentierte Literaturhinweise

Hier in erster Linie Werke, in denen gezeigt wird, wie man die Existenz Gottes widerlegt:

[Drange 1998]: Drange, T.M.: Nonbelief & evil: two arguments for the nonexistence of God, 1998, Prometheus Books -- Zwei sehr starke Argumente gegen die Existenz Gottes.
[Everitt 2004]: Everitt, Nicholas: The non-existence of God, 2004, Routledge -- Argumente für und gegen Gott, sorgfältig abgewogen - ein Beispiel dafür, dass man sehr wohl die Nichtexistenz Gottes beweisen kann.
[Martin 1990]: Martin, Michael: Atheism : a philosophical justification, 1990, Temple University Press -- Das grundlegende Werk zur Einführung in den Atheismus, sehr anspruchsvoll.
[Martin 2003]: Martin, Michael: The impossibility of God, 2003, Prometheus Books -- Ein Buch mit sog. atheologischen Argumenten, die beweisen, dass es keinen Gott geben kann.
[Martin 2006]: Martin, Michael: The improbability of God, 2006, Prometheus Books -- Argumente gegen Gott, die auf Wahrscheinlichkeitsannahmen beruhen.
[Stenger 2007b]: Stenger, Victor J: God : the failed hypothesis : how science shows that God does not exist, 2007b, Prometheus Books -- Wissenschaftliche argumentative Widerlegung der Existenz des jüdisch-christlich-islamischen Schöpfergottes: Und es geht doch!

1. Wie ich zeigen werde: »Gott schuf die Energie« wäre eine Formulierung mit gleicher Bedeutung, ebenso »Gott schuf das Universum/Multiversum« oder »Gott schuf die Energie, die Materie, die Zeit und den Raum«. Zurück zu 1

2. Das bedeutet: Der Beweis gilt nicht für heidnische Götter, die immanent sind, Teil der Welt, und sie nicht erschaffen haben. Zurück zu 2

3. Die Definition ergibt sich zwangsläufig aus der Definition, das Gott der Schöpfer der Materie ist. Oohne Materie gibt es keine Zeit, keinen Raum und keine Energie. Ob die Definition sinnvoll ist, ist eine andere Frage – hier geht es nur um die Konsequenzen der Annahme, dass es einen Schöpfergott gibt. Es sind die Theisten, die implizit glauben, dass es ein dergestalt definiertes »Nichts« gibt, nicht ich. Der Mehrheit sind die Implikationen nur nicht bewusst, weil sie nicht darüber nachgedacht haben. Zurück zu 3

4. Ein zweiter logischer Widerspruch steckt darin, anzunehmen, dass es ein »absolutes Nichts« gab, genau das  ist eine weitere Konsequenz aus der Annahme eines Schöpfergottes. Zurück zu 4

5. Kant führte eine Beweis durch, nachdem Materie ewig existiert und einen, der zeigt, dass Materie nicht ewig existiert. Der scheinbare Widerspruch kommt zustande, weil Kant von einer falschen Physik ausging – er wusste nichts von der Relativitätstheorie. Zurück zu 5

6. Was bedeutet, dass kein Christ berechtigt ist, zu glauben, dass Zeus nicht existiert. Das ist ein Schuss ins eigene Knie. Zurück zu 6


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